Kolumbien: Ciudad Perdida – Die verlorene Stadt
Das Ziel der Wanderung war, durch den Dschungel Kolumbiens zur eindrucksvollen wie auch mysteriösen „Ciudad Perdida“ zu laufen. Kolumbiens „Ciudad Perdida“, oder auch die „verlorene Stadt“, gilt neben dem Machu Picchu als einer der eindrucksvollsten Orte Südamerikas. Wer diese Stadt sehen mag, muss sich aber anstrengen: Genauso bekannt wie die Stadt ist nämlich auch der dazugehörige, viertägige Trek durch den Dschungel der „Sierra Nevada“ im Norden von Kolumbien. Ich habe es mir lange überlegt, ob ich das Abenteuer machen möchte, da es noch immer sehr unterschiedliche Angaben zu Schwierigkeit und Länge des Treks im Internet gibt. Aber da hilft nur, selber die Schuhe anziehen und ausprobieren. Einfach im Kopf zu haben, es wird heiss, matschig, eine unfassbare Luftfeuchtigkeit, aber auch herrliche Aussichten, Baden in abgelegnenen Flüssen, usw. Am Ende war es ein Erlebnis, dass ich nicht missen möchte, aber ich glaube auch nicht nochmal machen muss. 🙂 Aber der Reihe nach.
Ich wurde am Samstag 20.08.2022 gegen 8 Uhr an unserem Hostel von einem Fahrer abgeholt, welcher mich zum Büro des Anbieters der Tour brachte. Die Fahrt war nur ca. 4 Min und ich hätte die Distanz auch locker laufen können, man bestand aber darauf, mich abzuholen. Im Nachhinein war ich froh, dass ich mir das bisschen Energie für den Nachmittag sparen konnte. Im Büro angekommen, mussten noch die Formalitäten, wie Bezahlung, Impfnachweis, usw. geklärt werden ehe man in einen Wartebereich geführt wurde. Da hat sich dann die gesamte Truppe getroffen und wir haben uns ein wenig kennen gelernt. Die Gruppe war wirklich ein Glücksgriff. Dieses Mal waren nur sympathische und nette Menschen dabei, das hat man sofort gespürt. So gehörten 4 Spanier aus Madrid, 2 Männer und 2 Frauen – keine Paare wie ich am Ende herausgefunden habe, sondern ein Freundeskreis, welcher zusammen schon viele Reisen gemacht hat. Ich fand das mega cool, da alle alleinstehend waren und so niemand alleine reisen muss. Vom Alter her waren alle 4 so Anfang 50 und ich damit nicht der Älteste. Sehr gut. 🙂 Dann waren da noch zwei Mädels aus London, eine Anfang 20, die andere Ende 30 und 2 Israelis dabei. Die beiden Israelis, ein Typ Mitte 20 und eine Frau Anfang 20, welche ebenfalls Freunde sind und ihre typische grosse Reise nach der Millitärzeit in Israel zusammen machen. Das ist wirklich Wahnsinn, haben wir jetzt doch schon einige Israelis getroffen, welche alle die Zeit nach dem obligatorischen Militärdienst auf einer grossen Reise geniessen. Dann war noch ein Paar aus Kanada, ebenfalls Mitte 20 dabei, welches gerade ein paar Tage Ferien in Kolumbien macht und natürlich der Tobi. Macht in Summe 11 Personen, welche gemeinsam ein Abenteuer starten. Zum allgemeinen Kennenlernen gab es bereits den ersten Snack in Form von Ananas und Wassermelone, welcher uns die nächsten Tage noch öfters gereicht werden sollte. Wir lernten hier auch gleich unseren Guide und den Übersetzer kennen. Unsere Guide Jesús erklärte uns kurz die Welt bzw. was uns alles erwartet, was uns Jose daraufhin auf Englisch übersetzte. Die Rolle des Guide ist übrigens zur Förderung der sozialen Entwicklung und Arbeitsversorgung ausschliesslich Einheimischen der Gegend vorbehalten. Daher ist neben dem Guide auch immer ein Übersetzer dabei da die Menschen hier kein Englisch sprechen oder nur recht wenig. Wir waren also die 11 Menschen die Jesus folgten. 🙂
Nachdem alles geklärt war, ging es mit dem grossen Abenteuer endlich los. Wir bestiegen 2 Jeeps, welche bereits vor dem Büro warteten und fuhren ca. 2 Std. zum eigentlichen Ort, an welchem die Trek los geht. Schätzungsweise 60 Minuten ging es zuerst Richtung Osten, bis wir rechts auf die Strasse zur „Lost City“ abbogen. Dort noch ein letztes Mal die Vorzüge mobiler Daten und Netzanbindung genossen und wieder ab ins Auto, die letzten Kilometer in Richtung unseres Ausgangspunktes. Der Jeep schlängelte sich etwa nochmal eine Stunde durch abenteuerliche Serpentinen und der Fahrer versuchte alles, um zumindest den grössten Schlaglöchern auszuweichen. Ich sage mal, er versuchte es sehr gut, die Anzahl an Löcher war einfach zu gross. Wir wurden derart durchgeschaukelt, dass wir fast schon wieder seekrank wurden. Das war wirklich schon der erste Kampf. Startpunkt der Wanderung war das Dörfchen „Machete Pelao“. Dort assen wir zu Mittag (leckere Hühnerschenkel mit Reis, Salat und Patacones, knusprig frittierte Kochbananen), bevor es ernst wurde. Das Essen war der Hammer und ein erster Vorgeschmack was uns die nächsten Tage erwartete. Wir wurden einfach herrlich versorgt mit frischem und gutem Essen. Wir starten mit den ersten Kilometer in Richtung der „verlorenen Stadt“, neben dem peruanischen Machu Picchu eine der grössten wiederentdeckten indigenen Städte der Welt. Auf dem Weg sollten wir ausserdem die Eigenheiten der in der Sierra Nevada ansässigen indigenen Bevölkerungsgruppen – Kogi, Arhuaco, Wiwa und Asario – kennenlernen, so wie die Geschichte der Region zu Zeiten des grossen Marihuana und Coca-Anbaus zu erfahren. Insgesamt leben heute geschätzte 20’000 Angehörige von indigener Völker in der Sierra, wobei deren traditionelle Lebensweise und natürlichen Lebensräume zunehmend, aber stark bedroht sind. Auf den ersten Kilometern lernten wir bereits erstes Nützliches. So sollte man die indigenen Gruppen, die hier in der „Sierra Nevada“ ansässig waren, nicht einfach so fotografieren, sondern vorher um Erlaubnis fragen. Damit kann ich recht gut leben, da ich recht schnell gemerkt habe, diese Menschen leben wirklich in einer ganz anderen Welt mit einer komplett anderen Weltanschauung und ich möchte diesen Menschen nicht noch die Kamera vor die Nase halten.
Auf dem Weg, welcher uns zu unserem ersten Camp führen sollte, konnte wir herrliche Aussichten geniessen, aber haben auch direkt gespürt, in was für einer Umgebung wir hier wanderten. Die Sonne schien uns auf den Kopf und die hohe Luftfeuchtigkeit tat das Übrige, so dass unsere T-Shirts innert kürzester Zeit völlig durchnässt waren. Diese erste Erfahrung führte aber direkt zu unserem Gruppenname. Jede Tour, die startet überlegt sich einen Namen, und der Guide oder Übersetzer ruft den Gruppenname wenn es darum geht, dass Zeit zum Aufstehen oder Weiterlaufen ist. Wir waren ab diesem Zeitpunkt die «Sudoros» – was so viel wie «die Schwitzenden» bedeutet. 🙂 Der Name war absolut Programm vom Start bis zum Ende. Für den ersten Nachmittag war eine Wanderzeit von ca. 4 Std. veranschlagt wobei es die meiste Zeit steil bergauf gehen sollte.
Kurz vor dem ersten Camp ging es dann doch nochmal steil hinunter. Das Wetter hatte sich unterdessen auch deutlich verschlechtert und es begann zu regnen. Für den Abschnitt nach unten alles andere als gute Bedingungen, der Boden und vor allem die Steine wurden sofort extrem rutschig. Auf das Anziehen von Regenjacken haben wir komplett verzichtet, da wir eh schon so nass geschwitzt waren, dass es auf das Regenwasser auch nicht mehr angekommen ist. Das Camp haben wir dann im strömenden Regen und bei Blitz und Donner erreicht. Es war aber ein sehr schönes Camp, mit mehreren Bereichen, so dass die verschiedenen Gruppen ein wenig getrennt waren und jede Gruppe ihre eigenen sanitären Einrichtungen hatte. Ja, es gab tatsächlich Toiletten, wenn auch immer nur recht wenige und ein paar Duschen. Also es kam eben Wasser aus einem Stück Rohr, mit Wellness hatte das nichts zu tun.
Im Camp mussten wir noch über eine kleine Hängebrücke laufen, welche einen eher rustikalen Eindruck machte. Wir sind fleissig nacheinander drauflos gelaufen und als das Teil immer mehr in Schwingung geraten ist, hat man uns darauf aufmerksam gemacht, dass immer nur 2 Personen auf die Brücke dürfen. Ich meine, das könnte man auch früher sagen. Da wir eh schon alle nass waren haben wir uns direkt in die Badehosen geworfen und sind in den Fluss, welcher unter der Brücke fliesst gesprungen. Das war nach den ersten Strapazen eine willkommene Abkühlung. Wer wollte konnte auch noch von einem Felsen in einen Naturpool springen, was noch recht cool war. Als wir zurück waren gab es dann ein super Abendessen. Es gab frischen Fisch vom Grill mit Reis, Salat und Patacones. Wie gesagt, dass Essen war immer ein Highlight. Es ist so, dass jede Gruppe ihren eignen Koch dabei hat. In den Camps hat jeder Tour-Anbieter seinen Platz und seine kleine Küche. Dort wird dann das Essen für die Teilnehmer und Guides zubereitet. Der Koch muss also neben einem guten Koch auch ein sehr guter Läufer sein. Denn wenn wir unser Frühstück hatten und losgelaufen sind, musste er auch los laufen und vor uns am nächsten Platz sein, um das Mittagessen zu kochen und danach dann schneller als wir wieder am Camp für die Nacht sein um das Abendessen zu kochen. Ich sag mal so, unser Koch konnte Beides: Kochen und Laufen. 🙂
Nachdem wir also das Essen verhaftet hatten, war die grosse Frage, was nun. Ein Blick auf die Uhr ergab, yepp es ist tatsächlich erst 18.30 Uhr. Es war stockdunkel draussen und gefühlt war es schon 22 Uhr. Aber ins Bett kann man um die Zeit ja auch nicht. Wir sassen dann noch ein wenig zusammen und unser Guide Jesús erklärte uns die Region und deren Geschichte. Ich habe es ja oben schon erwähnt, die Region war lange Zeit eine Region für den Anbau von Marihuana und später Coca-Blätter. In den 1970er Jahren wurde die Sierra als Hauptanbaugebiet für Marihuana bekannt, wobei später der Coca-Anbau dominant wurde. Ausschlaggebend für die Wende war, dass die USA die Marihuana Plantagen durch Brandbomben zerstört hatten. Die Bewohner der Region realisierten schnell, dass sie mit dem Anbau von Coca deutlich schneller und deutlich mehr Geld verdienen konnten. Also wandelte sich der Anbau hin zu Coca in den 1980er Jahren. Die isolierten Gegenden der Sierra wurden früher durch die FARC-Guerillabewegung und die paramilitärischen Truppen des lokalen Drogenhändlers und Grossgrundbesitzers Hernán Giraldo kontrolliert. Bis vor ca. 15 Jahren war es für Touristen eigentlich unmöglich gefahrlos in diese Region zu reisen. Zu der Zeit finanzierten sich ca. 90% der Familien irgendwie über den Anbau von Drogen. Natürlich gab es auch hier wieder ein paar Wenige die sehr viel verdienten, die eigentlichen Bauern gingen fast leer aus. Erst die Demobilisierung von Hunderten von FARC-Guerillas, die mehr als 50 Jahre lang einige der entlegensten Gebiete der Region kontrollierten, öffnete seit dem Friedensabkommen 2016 mit der Regierung die Tür zu einem Boom des Tourismus. Somit hat die Bevölkerung nun endlich die Chance, auf eine gute Art und Weise Geld zu verdienen, was glaube ich eine sehr gute Möglichkeit ist. Es ist unmöglich all die vielen Informationen die uns Jesús erzählte hier wiederzugeben, aber es war so spannend und interessant und vor allem für unser europäisches Gehör fast unglaublich, was hier bis vor kurzer Zeit eigentlich noch los war. Ausserdem wurden wir am Abend dann noch über den Folgetag informiert. Der zweite Tag soll der härteste Tag sein und dementsprechend waren wir extrem motiviert. 🙂 Weckzeit wurde mit 5 Uhr und Abmarsch mit 6 Uhr bekanntgegeben. Und ich sag mal so, die Zeitvorgaben wurden militärisch eingehalten. Wir sind nie auch nur mit einer Minute Verspätung los. Vielmehr wurde schon 10 Min vor dem eigentlichen Zeitpunkt Stress gemacht, dass wir los wollen. Nach dieser Information haben wir uns dann doch recht schnell entschlossen den Abend zu beenden und unsere Betten zu beziehen. Ich glaube ich war schon lange nicht mehr so früh im Bett wie in diesen Tagen. Später als 20:00 Uhr war es glaub ich nie. Aber was soll man auch viel machen? In zwei noch folgenden Camps wurde jeweils um 20:30 Uhr der Strom abgestellt, da ist dann nichts mehr los. Wir haben also unsere Betten bezogen, welche aus Stockbetten bestanden und von Moskitonetzen verhüllt waren. Wir wurden noch informiert, dass wir Nachts nie ohne Taschenlampe unterwegs sein sollen, die Netze über den Betten fest verschlossen halten sollen, keine Rucksäcke am Boden lassen, Schuhe irgendwie aufhängen und vor allem am Morgen die Schuhe richtig fest ausklopfen, um zu schauen, dass ja keine Tiere in den Schuhen sind. Ich muss zugeben ich hab an dieses Thema gar nicht mehr gedacht. Erst als ich im Bett lag und nur von einem Welldach bzw. dem Netz geschützt da lag wurde mir bewusst, was da so alles um einen rum krabbelt. Wände waren in den Camps nur wenige vorhanden so dass die Geräusche des Dschungels eigentlich ungefiltert ins Gehör gingen. Das kann schon etwas nervös machen. Wir wurden gewarnt, dass es doch einiges an Schlangen, Spinnen und Skorpionen gibt und wir sehr vorsichtig sein sollten. Ich war dann zwar früh im Bett aber geschlafen habe ich nicht wirklich viel. Es war alles so ungewohnt und die Luftfeuchtigkeit tat ihr Übriges. Die Matratzen und Kissen waren doch eher etwas feucht und rochen auch dementsprechend. Nicht schlimm, aber einfach ungewohnt und wenn man dann noch schwitzt ist das alles eher unangenehm. Aber irgendwann hat mich auch der Schlaf überrollt und ich hab geschlafen bis wir um 5 Uhr geweckt wurden. Nach kurzem Zähneputzen und Frühstück war wieder Zeit für den Abmarsch. Pünktlich um 6 Uhr ging es los und es standen uns etwas über 20 km bevor. Dazu sollte es zwei mal steil bergauf und entsprechend auch wieder runter gehen. Zum Glück hatte der Regen aufgehört und der Morgen war richtig schön. Die ersten Kilometer gingen recht gut, wenn der Weg teilweise auch noch recht matschig war und wir erreichten unsere erste Pause im Zeitplan. Das waren immer so kleine Unterstände an denen frische Früchte, meist Wassermelone und Ananas gereicht wurde. Ausserdem konnten wir etwas zum Trinken kaufen und die Einheimischen versuchten ihre handgefertigten Arm- und Halsketten zu verkaufen.
Nach unserer kleinen Pause ging es weiter in ein Dorf eines indigenen Volkes. Dort wurden wir vom Dorfvorsteher begrüsst und er erklärte uns ein wenig seine Kultur. So wohnen die Männer und Frauen getrennt, auch gab es stets zwei Kirchen in jedem Dorf. Die Frauen kümmern sich um die Herstellung der traditionellen Taschen, das Essen, das Feuer in der Hütte (der Rauch verhindert die Moskitos und andere Insekten im Dach aus Pflanzen, führt aber dummerweise dazu, dass die Lebenserwartung der Frauen geringer ist als der Männer) sowie um die im Schnitt zehn bis zwölf (!) Kinder. Die Männer hingegen sind eher draussen unterwegs, kümmern sich um den Bau von Häusern, kauen Kokablätter und ganz wichtig pflegen ihren „Poporo“. Das ist ein länglicher Behälter aus einer getrockneten Frucht in dem man Limette und Muschelabrieb mischt und diese Tinktur mittels eines Stocks in seinen Mund befördert, in dem bereits Kokablätter zerkaut warten. Dieses Gemisch sorgt dafür, dass die Männer teilweise mehrere Tage nichts Essen müssen oder Schlafen. Die Nebenwirkungen sind aber auch recht gut sichtbar. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Männer nicht ganz klar bei Gedanken sind. Ausserdem reibt man den Stein mit ebenjenem Saft ein, was zu einer individuellen Gestaltung führt. Der Muschelabrieb sorgt dafür, dass sich im Laufe der Zeit wie ein Stein um den oberen Teil ansetzt. Das bedeutet,. je älter der Poporo ist, desto grösser wird der Stein am oberen Ende. Man sieht die Männer häufig mit dem Stab am Poporo reiben, was eine meditative Art sein soll, um seine Gedanken dem Poporo mitzuteilen. Für die Männer ist es eine Art Tagebuch, was niemand anderes lesen kann, da sie die Notizen nur in Gedanken übertragen. Besitzen und nutzen dürfen ein Poporo nur echte Männer, und das ist man ab ungefähr 15 Jahren. Mit der Übergabe des Poporo erhält der nun junge Mann auch eine Frau, meist so um die 40 bis 50 Jahre alt, welche alleinstehend ist (weil Witwe oder warum auch immer) und sie bringt dem jungen Mann nun das «Leben» bei. Was das nun alles beinhaltet, sei mal dahingestellt, auf Nachfrage meinte der Übersetzer nur, sie bringt ihm «alles und wirklich alles bei – was ein Mann wissen und können muss» Ich lass das einfach mal so stehen. Die beiden bleiben dann ca. 6 bis 12 Monate zusammen und dann darf sich der Mann eine jüngere Frau suchen, die er dann heiratet. Auf der anderen Seite ist es für Mädchen aber das genau gleiche Vorgehen. Auch sie bekommen einen älteren Herrn an die Seite, der ihnen das Leben erklärt. In diesem Fall ist das von der ersten Periode des Mädchens abhängig. Ich möchte hier wirklich kein Urteil fällen, das ist so eine andere Kultur und Weltanschauen, das muss man irgendwie akzeptieren, auch wenn es nicht einfach ist. Die Menschen kennen auch keine Uhrzeit, keine Jahreszeit oder wissen auch nicht wie alt sie sind oder wann sie Geburtstag haben. Das spielt alles keine Rolle. Sie orientieren sich nur an der Natur und den verschiedenen Erntezeiten. Wenn sie Tanzen, dann imitieren sie die Bewegungen von Bäumen, wenn die musizieren, z.B. mit der Flöte, sind es keine Lieder, sondern Laute von Vögeln und beim Trommeln sind es die Laute von Donnern. Ausserdem wird der Poporo als eine Art Ausweis genutzt. Wenn ein Junge diesen bekommt, dann kann er allein in ein anderes Dorf laufen und wird dort direkt akzeptiert. Einen Ausweis, wie wir ihn kennen, gibt es hier nicht. Die Frauen erhalten eine Art Spindel, was für sie der Ausweis ist. Ist schon noch sehr speziell. Wenn sich zwei Männer im Dorf oder auf den Feldern treffen, gibt es eine besondere Art «Hallo» zu sagen. Ein jeder greift in seinen Umhänge-Beutel, nimmt ein paar Kokablätter heraus und steckt diese dem anderen in den Beutel. Gesprochen werden muss dabei nicht, das ist die Art sich zu begrüssen.
Nach diesem eindrücklichen Besuch ging es weiter zum nächsten Camp, wo wir wieder ein tolles Mittagessen hatten. Bevor es Zeit zum Essen war hatten wir aber noch ein paar Minuten um im Fluss noch ein erfrischendes Bad nehmen zu können. Der Vorteil an diesem Camp war, dass wir die letzte Nacht auf dem Rückweg, genau in diesem Camp übernachten werden. Das bedeutete, dass wir ein paar Sachen, welche wir vielleicht zu viel eingepackt hatten hier lassen konnten. Für mich perfekt, weil ich hatte eine lange Hose und eine dünnen Pulli dabei. Das war auf der Packliste des Anbieters erwähnt und ich hab mich beim packen schon darüber gewundert. Es war als Hinweis um besser gegen Moskitos geschützt zu sein, aber ich hab das nicht anziehen können bei der Hitze. Also blieb das zurück und meine Regenjacke. Braucht kein Mensch, weil man wird eh nass. 🙂
Das Essen bestand dieses Mal aus gegrilltem Hühnchen mit Reis und davor sogar noch eine Gemüsesuppe. Das gab nochmal die notwenige Energie für den Nachmittag. Es wartete noch der zweiten Anstieg des Tages auf uns und der hatte es in sich. Trotzdem war es wieder eine eindrucksvolle Natur, welche uns da geboten wurde.
Gegen 16 Uhr erreichten wir dann das nächste Camp und dieses Mal war es eher ein grosses Matratzenlager. Es standen viele Stockbetten neben einander und die verschiedenen Gruppen wurden in einzelne Bereiche zugewiesen. Ich denke mal so ca. 160 Personen war da sicher zum Schlafen angekündigt. Auch im Bereich zum Essen war einiges los. Alle versuchten Kleider zu trocken und hatten diese aufgehängt. Es war völlig für die Katz das Aufhängen, aber es sah gut aus so zwischen all den Klamotten.
Nach dem Essen gab es dann wieder ein kurzes Briefing für den Folgetag, Wecken um 5 Uhr, Abmarsch um 6 Uhr. Danach hat unser Guide wieder seine Bilder und Bücher ausgepackt und uns über die verlorene Stadt informiert. Es waren wieder viele tolle Infos dabei, welche ich mir gar nicht alle merken konnte. Die Stadt bedeckt eine Fläche von ca. 2 km² und besteht aus etwa 200 ovalen und runden Terrassen, die teils durch steile, teils durch ebene Steinwege miteinander verbunden sind, wobei der Höhenunterschied der einzelnen Terrassen bis zu zwölf Meter beträgt. Der heute freigelegte Teil der Stadt liegt zwischen 900 und 1200 m über dem Meeresspiegel. Der Grossteil der Stadt wurde zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert erbaut, wenn nicht manche Teile davon sogar noch früher. Wie viele Menschen in der Stadt einst gelebt haben, kann bis heute nur geschätzt werden. Man geht aber von einer Bevölkerungsgrösse zu Hochzeiten der Stadt von 2’000 bis 8’000 Angehörigen des indigenen Volkes Tairona aus. Diese mussten die Stadt kurz nach der Ankunft der Spanier wegen der Ausbreitung von Seuchen aufgeben. Die Spanier selbst haben trotz des Handels mit den Tairona die Stadt nie betreten.
Erst 1975 wurde die „verlorene Stadt“ durch Grabräuber wiederentdeckt und leider direkt geplündert. Im Anschluss wurde während der Blütezeit (1960–1980) des Hanfs in der Region auf den Plattformen der Stadt Marihuana angebaut. Ein Jahr später entsandte die kolumbianische Regierung eine archäologische Expedition, die die Stadt vor weiterer Zerstörung schützen sollte, nachdem teilweise die Terrassen als Hubschrauberlandeplatz genutzt wurden.
Nach all diesen Informationen sind wir wieder recht früh ins Bett gefallen. Tatsächlich ging hier auch Punkt 20:30 Uhr das Licht aus und wir lagen wieder im Dunkeln. Geschlafen habe ich wieder nicht wirklich viel, aber es war ok.
Der nächste Morgen startete dann etwas früher als vereinbart. Irgendwie sind um 4:45 Uhr schon alle wie angebrannt durch die Betten gerannt und haben alle geweckt. Wieso und weshalb, keine Ahnung. Thema Uhr und Zeit ist auf der Route immer so ein etwas dehnbarer und schwammiger Begriff. 🙂 Egal, kurz Zähne geputzt und ab zum Frühstück. Heute stand der Besuch der verlorenen Stadt auf dem Programm. Von unserem Camp hiess es ca. noch eine Stunde Fussmarsch zu einem Fluss, welcher überquert werden muss und dann sind es nur noch 1’200 Stufen hinauf zum Ziel. Dort sollten wir dann ca. 3 Std. bleiben ehe es wieder auf den Rückweg geht. Wir waren dann auch alle um 5:55 Uhr zum Abmarsch fertig und es ging los, waren wir doch alle sehr gespannt. Das Wetter war super und die Sonne schien schon recht warm. Hat kaum 15 Min. gedauert bis auch das frische T-Shirt wieder komplett nass war. Ein neuer Rekord für mich. 🙂 Der Weg hatte es wirklich in sich und die Vortage stecken doch auch irgendwie in den Knochen. Teilweise mussten wir wieder über Steine und Bretter balancieren um keine nassen Füsse zu bekommen. Das wurde immer wie schwieriger, weil die Knie immer weicher wurden.
Nach etwas weniger als einer Stunde erreichten wir das ehemalige Camp Paradiso. Dieses wurde erst vor ein paar Monaten bei einem Geröllabgang komplett zerstört. Eigentlich hätten wir auch hier geschlafen, aber das ist seitdem nicht mehr möglich. Es waren zum Zeitpunkt des Abgangs Touristen im Camp, welche sich aber zum Glück ausserhalb des Gebäudes aufhielten. Ich weiss nicht genau ob und was passiert ist, aber ich möchte nicht dabei gewesen sein. Das Ganze passierte in der Regenzeit und was da an Wassermassen von Himmel fällt, ist eben doch eine andere Hausnummer.
Für uns hiess aber, dass wir damit fast an der Flussüberquerung angekommen sind. Bis letztes Jahr musste man den Fluss Río Buritaca noch unter Körpereinsatz – das Wasser bis zu den Brustwarzen ragend – durchlaufen. Nun gibt es hier aber eine handbetriebene „Cable Car“, die einen amüsant, bequem wie auch trocken über das Wasser brachte. Sah jetzt eher nach einer Behelfskonstruktion aus, aber ich glaube das bleibt so. 🙂 Und Spass hat es gemacht so über den Fluss zu schweben. Leid taten mir nur die Herren, welche immer an den Seilen ziehen mussten, damit wir alle rüber gekommen sind.
Auf der anderen Seite hiess es dann «nur» noch die 1’200 Stufen bewältigen und wir waren da. Wer auch immer die Stufen gezählt hat, ich glaube ihm kein Wort. Die Stufen sind mal nur 2 cm hoch um dann im nächsten Moment wieder 35 cm hoch zu sein. Auf manche passt nur ein Kinderfuss, auf andere wiederrum passte mein ganzer Fuss. Dazu war das Ganze noch so unfassbar steil, das es mehr an eine Leiter als eine Treppe erinnerte. Nach den ersten Stufen brannten wirklich alle Muskeln in den Beinen und ich hab das ganze Abenteuer so richtig verflucht.
Aufgeben war jetzt aber auch keine Option mehr, also hiess es weitermachen und nach weiteren knapp 20 Min. waren wir am Ziel. Wir hatten das Ortsschild der verlorenen Stadt erreicht. Das Schild hängt an einem kleinen Häuschen in dem die Parkmitarbeiter ihr Büro haben. Ausserdem ist hier ab und an Militär anzutreffen. Nachdem im Jahr 2003 ein paar Touristen auf dem Weg zur Stadt entführt worden sind patrouillieren diese hin und wieder hier. Das Ganze ist in den Jahren aber immer sicherer geworden und seitdem gab es auch keinen Zwischenfall mehr. Was wir auch schon direkt am Ortsschild festgestellt haben, die Stadt hat heute noch Hunderttausende von Einwohnern. Und ich meine damit Moskitos. Es war unfassbar wie viele davon plötzlich überall am Körper sassen und einen genüsslich gestochen haben. Ich bin nicht mehr hinterher gekommen mich mit Spray einzusprühen, so oft wurde ich gestochen. Schon direkt vom Eingang aus konnte man die berühmten Ovale und Kreise erkennen. Es war ein besonderes Gefühl nach all den Anstrengungen hier zu sein.
Hinter dem Eingang gab es ausserdem auch direkt die ersten Highlights der verlorenen Stadt zu besichtigen. Unter anderem sieht man noch alte Steine, welche damals genutzt wurden um etwas zu zermahlen. Ausserdem gibt es einen grösseren Steinbrocken, an welchem ich eigentlich direkt vorbei gehen wollte. Erst nach Aufforderung unseres Guides schauten wir diesen genauer an. Der Stein beinhaltet tatsächlich wie eine Karte. Man erkennt verschiedene Rillen, welche zum Einen die vorhanden Flüsse in der Region darstellen, zum anderen aber auch grössere Spalte, welche die Landschaft wie in drei verschiedene Höhenregionen unterteilen. Im Prinzip ist der Stein das Google-Maps der indigenen Bevölkerung gewesen. 🙂 Ich fand das Ganze mega interessant. Wobei auf die grosse Freude auch direkt die Ernüchterung erfolgte. Die bezwungenen 1’200 Treppen waren bei Weitem leider noch nicht alles. Auch die Stadt selber ist noch über viele Treppen miteinander verbunden, welche es noch zu besteigen galt.
Beim weiteren Aufstieg haben wir gelernt, dass jedes freigelegte Oval oder Kreis eine Nummer von der Universität in Bogota bekommen hat. Ausserdem wird jede Ausgrabung bis ins Detail fotografiert und dokumentiert. Der Grund ist, dass teilweise noch immer grosse Bäume in mitten der Kreise stehen. Wenn diese irgendwann mal absterben oder umfallen, werden die Wurzeln die Kreise beschädigen. Um dann wieder alles aufbauen zu können und noch genau zu wissen, welcher Stein wohin kommt, ist diese ausführliche Dokumentation sehr wichtig. An einer Stelle konnten wir zuschauen, wie aktuell ein Kreis restauriert wird. Das ist schon eine Aufgabe für sehr geduldige Menschen – ich wäre, wie schon als Schiffsmann, absolut falsch in dem Job. 🙂
Dann war es aber nicht mehr weit und endlich konnten wir von oben den bekannten Blick über die verlorene Stadt werfen. Es war gar nicht so einfach Bilder zu machen, auf denen keine anderen Touristen mit drauf sind. Da aber alle Gruppen mehr oder weniger zur gleichen Zeit da waren, muss man einfach ein wenig warten, bis keine weiteren Gruppen mehr nach kommen und man den Ausblick wirklich geniessen kann.
Da so ein Aufstieg ja doch auch wieder hungrig macht, gab es zur fantastischen Aussicht noch einen kleinen Snack. Wir wurden mal wieder reichlich mit frischen Früchten (Ananas, Wassermelone und Mango) sowie kleinen Schokoladenriegel eingedeckt. Tat tatsächlich sehr gut um die Energie wieder ein wenig aufzufüllen. Immerhin hatten wir jetzt erst die Hälfte unserer ganzen Wanderung geschafft. Nachdem wir die Aussicht genossen hatten, ging es noch zu zwei weiteren Spots, welche für die Stadt eine sehr grosse Bedeutung haben. So hat man einen Felsen gefunden, in welchem erkennbar ist, wie die Menschen damals vorgegangen sein müssen, als die die einzelnen Blöcke für die Stufen und Kreise aus dem Fels geschnitten haben. Es war eine Mischung aus Sägen und der Unterstützung von Feuer. Ausserdem konnte man beim Hinunterlaufen noch diverse andere oder weniger bekannte Stellen der Stadt sehen, welche aber genau so eindrücklich waren.
Den letzten Aufenthalt hatten wir in einem kleinen Dorf von einem indigenen Stamm, welcher noch immer in der verlorenen Stadt wohnt. So konnten wir ein paar Bilder mit dem Vorsteher machen und dieser verkaufte uns noch ein paar Armketten, welche anscheinend Glück bringen sollen. Ich habe mal eines gekauft und auch eines für Corinne mitgenommen. Wollte der Herr doch nur rund 50 Cent für ein so ein Armband haben. Wir konnten das Dorf noch ein wenig anschauen und sehen wie die Menschen leben und was sie anbauen. Natürlich auch hier wieder ganz vorne mit dabei Coca-Sträucher, aber auch sehr viele Bananen und anderes Obst.
Nachdem wir die verlorene Stadt für ca. 3 Std. wirklich ausführlich genossen hatten, ging es wieder runter Richtung Fluss. Langsam wurde uns bewusst, was da jetzt noch auf uns zukommt. Mir kam wieder die Entfernung von 45 km in den Sinn, von welchen ich am Anfang ausgegangen bin. Ein Blick auf meine Uhr und laut meinen Gefühlen in den Beinen, war ich mir aber sicher, das haut absolut nicht hin. Ich hatte da etwas falsch verstanden. Aber was soll man machen, irgendwie muss ich ja wieder zurück.
Nachdem alle wieder gesund unten angekommen sind und wir heile über den Fluss gebracht wurden, ging es los, mit dem gleichen Weg zurück. Auf den ersten Kilometern konnte ich noch ein paar Bilder machen, dann mussten wir leider leidvoll erfahren, wie schnell sich das Wetter hier ändern kann. Am Morgen hatten wir ja strahlend blauen Himmel, jetzt zogen dicke und dunkle Wolken auf.
Nachdem wir unser letztes Nachlager erreicht hatten, gab es noch ein kurzes Mittagessen und wir schnappten unsere Rucksäcke, welche wir hier zwischen gelagert hatten. Dann entluden sich die dicken Wolken recht bald in Form eines heftigen Regenschauers. Innerhalb von Sekunden waren wir völlig durchnässt und die Schuhe versanken im Schlamm. Daher hat es auch nur Minuten gedauert und auch in meinen «wasserfesten» Schuhe stand das Wasser. Tolles Gefühl kann ich sagen, vor allem weil ich wusste, auch wenn wir das heute bis zum Camp geschafft haben, die Schuhe werden auch morgen nicht trocken sein. Das ist dann schon wahre Vorfreude. 🙂 Wir hatten dann noch ca. 3 Stunden bis wir unser Nachtlager erreichten. Dieses Nachtlager war das selbe Lager, an welchem wir gestern Mittagspause gemacht hatten. Leider war es aber aufgrund des Regens nicht möglich, nochmal ein Bad im Fluss zu nehmen. Dieser hatte sich in den Stunden mit dem Regen zu einem reissenden Fluss entwickelt, was viel zu gefährlich geworden wäre. Das Camp an sich ist aber recht neu und sehr schön eingerichtet. Auch gibt es genügend Duschen und sogar Toiletten, welche man abschliessen kann. Hatten wir bis dahin auch nicht so viele. 🙂 Hier angekommen hiess es dann erstmal schauen, was noch alles Trockenes im Rucksack ist. Ich war optimistisch, hatte ich doch ein Regenschutz über dem Rucksack und alle meine Kleider noch zusätzlich in Müllsäcke eingepackt. Das war auch eine recht sinnvolle Entscheidung, den wie ich feststellen musste, konnte ich meinen Rucksack umdrehen und Wasser daraus ausleeren. Das war nicht was ich geplant hatte, aber ok. Irgendwie ist Wasser zwischen Regenschutz und Rucksack gelaufen und hat sich über den Boden des Rucksack nach innen vollgezogen. Hurra, ein Lob auf die Mülltüten, damit hatte ich zumindest noch ein trockenes T-Shirt. Hier musste ich dann auch wieder das Zeug, welches ich gestern hier gelassen hatte, wieder verstauen. Damit war der Rucksack wieder komplett und vor allem schwer. 🙂
Nachdem wir zumindest wieder trockene Kleidung an hatten, ging es auch schon wieder zum Abendessen. Zu Feier des Tages gab es zuerst eine grosse Portion Popcorn und Kaffee und wir konnten den erlebnisreichen Tag erstmal ein wenig verarbeiten. Es war ein langer und wirklich harter Tag, aber auch gespickt mit so vielen tollen Erlebnissen, das werde ich so schnell nicht vergessen. Das Abendessen dann war wieder super und wir genossen noch ein wenig den frühen Abend. Einen späten Abend habe ich auf der Wanderung nicht erlebt. Und auch heute gingen die Generatoren wieder um 20:30 Uhr aus, so dass jeder vorher im Bett lag. Nichts für mich, weil ich so früh einfach nicht schlafen kann. Und so ohne Strom und Licht ist das doch recht langweilig. Aber auch ich bin dann irgendwann zufrieden aber fertig eingeschlafen.
Der nächste Morgen startete wie mittlerweile gewohnt wieder mit Wecken um 5 Uhr und Abmarsch um 6 Uhr. Es war unser letzter Tag und gegen 13 Uhr wollten wir am Ausgangspunkt sein. Klingt einfach, lagen aber doch nochmal knapp 20 km vor uns und vor allem 2 Anstiege und Abstiege, wovon allein der zweite Abstieg rund 1.5 Stunden dauern soll. Am Vorabend wurden wir informiert, dass wir von diesem Camp aus unsere Rucksäcke mit Maultieren zum Ausgangspunkt bringen lassen können und dass es ca. 2 Stunden vor dem Ziel eine Stelle gibt, ab welcher man mit Motorrädern den Rest zurückfahren kann. Beides sollte aber um die 7 Euro kosten, was es mir absolut nicht wert war. Ich bin so weit gekommen, da wollte ich den Rest auch noch schaffen. Das Thema Maultiere und auch die Motorräder sind so eine Sache. Auf den ersten Kilometern versorgen die Motorräder die einzelnen Verkaufsstände und fahren die Touristen, welche sich einen Teil der Strecke sparen möchten. Ausserdem werden die Einheimischen, welche nicht unbedingt alles Laufen wollen transportiert. Das ist dann teilweise doch recht nervig, wenn man auf den schmalen Wegen noch von rasenden Motorrädern überholt wird. Da kommt nicht unbedingt Wanderromantik auf. Auch das Thema mit den Maultieren ist wirklich kontrovers. Ich verstehe, dass die Tiere benötigt werden um das Material in die Camps zu bringen. Trotzdem tut es in den Augen weh, wie diese Tiere teilweise behandelt werden und auf welchen Strecken diese Laufen müssen. Auch für die Wanderer ist es dann unangenehm wenn wieder ein paar Maultiere kommen, weil der eh schon matschige Weg dann nochmal so richtig umgepflügt wird und all die Hinterlassenschaften der Tiere ist eben auch nicht so angenehm. An manchen Stellen war ich froh, bin ich nicht ausgerutscht, weil das wäre eine volle Landung im Mist der Maultiere gewesen. Muss ich nicht haben. Aber zurück zur Wanderung des letzten Tages. Pünktlich um 6 Uhr ging es los und das Wetter war wieder richtig gut. Die Sonne schien, was unglaublich half, damit zumindest der Rucksack wieder ein wenig trocknete. Der Weg hingegen war noch immer voller Matsch und teilweise war es sogar so, dass bei einem falschen Schritt das Wasser oben in die Schuhe gelaufen ist. Ok, war nicht ganz so schlimm, Schuhe haben über Nacht nicht getrocknet und waren noch immer nass. 🙂
Die Wanderung verlief aber erstaunlich gut. Hatten wir doch schon drei anstrengende Tage in Beinen. Aber irgendwie lockte das Bier, welches wir uns für die Rückkehr versprochen hatten. 🙂 Wir sind richtig gut voran gekommen und konnten unterwegs die Aussicht geniessen. Wir machten noch einen kurzen Stopp, an welchem es wieder frisches Obst gab und dann noch einen in unserem ersten Nachtlager. Dort gab es nochmal ein kleines Stück Kuchen und einen Saft. Mit dieser Energieauffrischung sollten wir bis zum Schluss durchhalten. Nach diesem Camp ging es noch ein letztes Mal steil nach oben, ehe wir dann die Stelle für die Motorräder erreichten. Jetzt wussten wir, ab jetzt geht es nur noch bergab. Aber das war jetzt doch auch gar nicht mehr so einfach, die Knie taten doch richtig weh. Also bin ich einfach ein wenig langsamer gelaufen, aber das Ziel wollte ich erreichen. Unterwegs haben wir an einer recht merkwürdigen Stelle sogar noch ein Fussballfeld entdeckt. Das gibt es also wirklich auf der ganzen Welt und auch an den entlegensten Stellen. Wobei ich glaube das auf diesem Platz schon länger nicht mehr gespielt wurde.
Gegen 12:30 Uhr war es dann tatsächlich so weit. Wir waren ganz kurz vor unserem Ziel. Da wir aber als Gruppe gestartet sind, hab ich, zusammen mit noch ein paar Anderen, auf die Letzten der Gruppe gewartet. Ich finde, wenn man so etwas als Gruppe beginnt, dann beendet man es auch als Gruppe. Unser Übersetzter hat das nicht so gesehen, sondern ist mit zwei anderen schon im Restaurant gesessen, als wir angekommen sind. Nun ja, der Herr konnte recht gut übersetzen, seine Fähigkeiten als Motivator lass ich jetzt aber mal unkommentiert. Hatte da etwas mehr erwartet. Aber egal, wir als der Rest der Gruppe, hatten unsere Freude und haben die letzten Meter gemeinsam sehr genossen. Im Ziel angekommen, gab es erstmal ein grosses High-five, denn wir hatten es geschafft. Und zur Feier des Tages, gab es auch direkt ein Bier. Ok, ich gebe es zu, ich hab direkt zwei bestellt, damit ich auch in jeder Hand eines halten konnte. War ein reiner Sicherheitsgedanke, weil ich wollt ja nicht umfallen. 🙂 Selten hat ein Bier aber so gut geschmeckt, das muss ich sagen. Wir haben dann noch unser Mittagessen bekommen und allmählich realisierten wir, was wir geschafft hatten. Nochmal zurück zu den 45 km, welche ich gedacht habe, dass wir laufen. Das war komplett falsch. In Summe waren es um die 80 km, welche wir zurückgelegt hatten. Keine Ahnung ob es geplante 45 Meilen waren plus die Kilometer durch die verlorene Stadt oder was auch immer der Fehler war. Hätte ich es vorher gewusst, ich weiss nicht ob ich es gemacht hätte. 🙂 So konnte ich es eh nicht mehr ändern, war bzw. bin dafür aber auch ein wenig stolz was ich geschafft habe. Am Ende waren es für Tag 1 rund 12.5 km, für Tag 2 rund 24 km, Tag 3 rund 23 km und für Tag 4 nochmal rund 22 km. Da kommt dann doch eine ganze Summe zusammen. 🙂
Nach dem Essen hiess es dann auch sich zu verabschieden von der Gruppe. Wir wurden mit verschiednen Jeeps zurück in die Stadt gebracht. Die Fahrt war dann auch eher ruhig, weil jeder mit der Müdigkeit kämpfte und sich glaub jeder nur noch auf eine ausgiebige Dusche freute.
Fazit: Die Wanderung ist wirklich ein Erlebnis und die verlorene Stadt ein Highlight, welches man sehr empfehlen kann. Ich habe es ganz sicher nicht bereut, werde es aber glaub ich, auch kein zweites Mal mehr machen. 🙂 Neben den Anstrengungen ist das Thema mit den Motorrädern und den Maultieren schon so eine Sache und ob es sinnvoll ist, all das Essen usw. nur für ein paar Touristen in den Dschungel zu karren. Auf der anderen Seite ist der Tourismus für die Menschen endlich eine Möglichkeit Geld zu verdienen, abseits vom Anbau von Drogen. Da ist das doch die deutlich bessere Idee. Und ja, die Wanderung kostet ein Haufen Geld, welches teilweise aber auch den Menschen zu Gute kommt. Auch die indigenen Völker haben etwas davon, zumindest investiert der Anbieter, bei welchem ich gebucht habe, einen Teil des Umsatzes in die Bildung der Kinder. Wir haben die Schulen, welche bereits gebaut wurden gesehen, und Bildung schadet ja grundsätzlich nicht. Ich finde es einfach nur wichtig, dass die Touristen, welche sich für die Wanderung entscheiden bewusst sind, in welche Region sie laufen und wem dieses Land eigentlich gehört. Da gehört es für mich einfach dazu, dass man Respekt vor den Menschen hat, auch wenn man ihre Weltanschauung nicht versteht oder nicht gut heisst. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, machen wir mit unserer Weltanschauung immer alles korrekt und richtig? Ich weiss es nicht…. Ich fand es einfach extrem spannend und freu mich darüber, dass ich mal wieder etwas Neues gesehen und gelernt habe.
Vielen Dank für die detaillierte Schilderung der Tour. Ich habe die Tour vom 4. bis zum 7. August gemacht und finde es super, was du dir behalten konntest von den Schilderungen der Guides. Leider konnte ich bei meiner Tour das Dorf nicht besuchen. Ich habe es nur von außen gesehen. Für mich am schlimmsten war die hohe Luftfeuchtigkeit. Nach einer halben Stunde wandern war mein T-Shirt komplett durchgeschwitzt. Bei der Tour wird man auf drei Arten nass.: 1. durch schwitzen, 2. von unten durch Flussquerungen, wo man teilweise bis zum Becken nass wird und 3. von oben, weil man mit Sicherheit den einen oder anderen Regenschauer ab bekommt. Ich kann es aber trotz der Strapazen empfehlen die Wanderung mitzumachen.
Wow wie toll, herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung. Es freut uns sehr, dass wir mit unserem Blog inspirieren konnten.
Hoffe, dass Deine Muskeln und Knochen sich inzwischen regeneriert haben. Dankeschön für die eindrucksvolle Schilderung und die tollen Bilder.
Hallo ihr Beiden, ja doch die Muskeln haben sich wieder erholt. Fast schlimmer waren aber die vielen Mückenstiche. Das hat ein paar Tage gedauert. Aber auch das überlebt. 🙂 Liebe Grüsse Tobi
Alle Achtung, Tobi. Das waren wirklich grosse Strapazen die du bewältigt hast, dafür wurdest du mit vielen fantastischen Eindrücken belohnt. Danke für den mega spannenden Blog.
Ja Tobi kam entsprechend kaputt und dreckig zurück. Auch am nächsten Tag ist er noch eher etwas schief die Treppen hoch und runtergelaufen 😉